Das französische Recht bietet Konsorten eines Bankenpools seit dem 1. Oktober 2017 ein dem angelsächsischen „security trustee“ vergleichbaren Instrument: der Sicherheitentreuhänder.
Der Sicherheitentreuhänder, in Frankreich „agent des sûretés“ genannt, ist nunmehr berechtigt, alle (schuldrechtlichen, dinglichen, französischen bzw. ausländischen) Sicherheiten und Garantien zu verwalten.
Als besonderer Treuhänder ist er Verwalter der betreffenden Sicherheiten und verteidigt die Gläubigerinteressen, ohne dass hierzu eine zusätzliche Vollmacht erforderlich ist.
Der Treuhänder verwaltet hierbei ein von seinem persönlichen Vermögen unabhängiges Zweckvermögen.
Die Änderung der Zusammensetzung der Gläubiger des Konsortiums hat für den Sicherheitentreuhänder keinerlei Auswirkungen und bedarf keiner zusätzlichen Formalitäten.
Wird ein Sicherheitentreuhänder ersetzt, erfolgt der Übergang des Zweckvermögens auf den neuen Treuhänder ohne weitere Formalitäten.
Die einheitliche und wirkungsvolle Verwaltung der Kreditsicherheiten durch den Sicherheitentreuhänder zugunsten aller Banken ist bei Konsortialkreditgeschäften von maßgeblicher Bedeutung.
Das zu schnell verabschiedete Gesetz Nr. 2007-211 vom 19. Februar 2007, durch das in Frankreich die Treuhand (fiducie) eingeführt wurde, enttäuschte jedoch die Praxis, welche von diesem Mechanismus daher kaum Gebrauch machte.
Einhergehend mit der Konkurrenz von ausländischen Rechtsinstrumenten, insbesondere seit der gerichtlichen Anerkennung des „security trustee“ in Frankreich durch das „Belvédère“-Urteil vom 13. September 2011[1] und der „parallel debt“, wurde der Mechanismus des Sicherheitentreuhänders vor allem wegen seiner Ungenauigkeiten (unscharfe Abgrenzung zwischen Vollmacht, Treuhand und einem sui generis-Institut), der beschränkten Rechte des Treuhänders sowie eines Mangels an Flexibilität kritisiert.
Im Unterschied zum angelsächsischen „security trustee“ beschränkten sich die Rechte des Sicherheitentreuhänders nach französischem Recht auf einen bloßen Verwaltungsauftrag für die Sicherheiten durch das Konsortium.
Um diese Unzulänglichkeiten auszugleichen, änderte die Verordnung Nr. 2017-748 vom 4. Mai 2017, welche das Sapin II-Gesetz[2] im Einzelnen umsetzt, die Bestimmungen über den Sicherheitentreuhänder tiefgreifend (Artikel 2488-6 bis 2488-12 Code civil).
Mit der am 1. Oktober 2017[3] in Kraft getretenen Reform des Sicherheitentreuhänders verfügt das französische Recht endlich über einen Mechanismus, der mit den Instrumenten des angelsächsischen Rechtskreises mithalten kann, sowie über ein modernes und attraktives Werkzeug für Konsortien.
I. Erweiterte Rechte des Sicherheitentreuhänders eines Konsortiums
Bei dem Sicherheitentreuhänder kann es sich um eine natürliche oder juristische Person[4] handeln, die dem Kreis der Konsorten angehört oder ein Dritter ist. Im Rahmen von strukturierten Finanzierungen ist die Bestellung eines Sicherheitentreuhänders für die Senior-Tranche sowie eines anderen für die Junior-Tranche denkbar.
Eine wichtige Neuerung der Reform ist, dass die bisher ausschließlich auf dingliche Sicherheiten beschränkten Kompetenzen des Sicherheitentreuhänders auf „alle Sicherheiten und Garantien“ ausgeweitet werden. Er ist nunmehr berechtigt, dingliche und schuldrechtliche Sicherheiten zu verwalten und zu vollstrecken, aber auch Sicherheiten und Garantien, die einem anderen als dem französischen Recht unterliegen. Dies kann insbesondere im Rahmen von internationalen Finanzierungen von Bedeutung sein, bei denen Garantien in mehreren Jurisdiktionen bestellt werden.
II. Der franz. Sicherheitentreuhänder ist nunmehr ein echter „security trustee“
Um dieselbe Flexibilität und Effizienz eines „security agent“ zu erreichen, stützt sich das französische Recht nunmehr auf ein innovatives Doppelprinzip, bestehend aus der Inhaberschaft und dem Zweckvermögen.
1. Der Sicherheitentreuhänder ist Inhaber der Sicherheiten
Artikel 2488-6 Code civil n. F. modernisiert die Rechtsstellung des Sicherheitentreuhänders und bestimmt, dass der neue Sicherheitentreuhänder „(…) im eigenen Namen zugunsten der Gläubiger der besicherten Verbindlichkeit (handelt)“ und er „(…) Inhaber der Sicherheiten und Garantien (ist)“. Das Verfahren wird hierdurch wesentlich flexibler, denn eine Änderung der Zusammensetzung der Konsorten hat keine Auswirkungen auf die Stellung des Sicherheitentreuhänders und erfordert keine zusätzlichen Formalitäten.
Der Sicherheitentreuhänder kann „ohne über eine besondere Vollmacht verfügen zu müssen, alle Handlungen zur Verteidigung der Interessen der Gläubiger der besicherten Verbindlichkeit und alle Forderungsanmeldungen vornehmen[5]“. Vor der Reform war es dem Sicherheitentreuhänder ohne Sondervollmacht seitens der einzelnen Gläubiger nicht möglich, zur Verteidigung der Interessen der Sicherungsgläubiger gerichtliche Schritte zu unternehmen oder die Sicherheiten zu vollstrecken. Das Erfordernis einer Sondervollmacht schränkte aber die Veräußerung von Finanzierungsbeteiligungen während anhängiger Gerichtsverfahren in der Praxis erheblich ein.
Der Sicherheitentreuhänder schlüpft somit aus der Rolle eines einfachen Bevollmächtigten und wird zu einem Treuhänder, der Inhaber der betreffenden Sicherheiten ist. Die Kreditinstitute, die sich scheuen, Inhaber bestimmter Sicherheiten und Garantien, wie beispielsweise besitzloser Pfandrechte, zu werden, werden somit von der Verwaltung der Sicherheiten und Garantien entlastet.
2. Der Treuhänder verwaltet ein von seinem persönlichen Vermögen unabhängiges Zweckvermögen
Artikel 2488-6 Code civil[6] bestimmt, dass die vom Sicherheitentreuhänder im Rahmen der Ausübung seines Auftrags erworbenen Rechte und Vermögensgegenstände ein Zweckvermögen bilden, welches sich von seinem eigenen Vermögen unterscheidet.
Das Vorhandensein eines Zweckvermögens, in dem die vom Sicherheitentreuhänder gehaltenen Sicherheiten von seinem persönlichen Vermögen getrennt sind, gewährleistet, dass die Konsorten im Falle eines gegen den Sicherheitentreuhänder eröffneten Insolvenzverfahrens geschützt sind. Zum einen sind die persönlichen Gläubiger des Sicherheitentreuhänders nicht berechtigt, die Sicherheiten zu vollstrecken, die die vom Konsortium gewährten Kredite besichern. Zum anderen können die Gläubiger, für die die Sicherheiten verwaltet werden, nicht auf das persönliche Vermögen des Sicherheitentreuhänders zugreifen.[7]
Hierbei handelt es sich um eine Innovation des französischen Rechts. Der Mechanismus der „parallel debt“ sieht hingegen keine Trennung vom persönlichen Vermögen des Sicherheitentreuhänders vor.
Auch wenn die Rechte des Sicherheitentreuhänders denen eines echten Treuhänders ähnlich sind[8], sind die Formerfordernisse[9] für den Abschluss eines Vertrags zwischen dem Sicherheitentreuhänder und dem Gläubiger sehr viel einfacher und flexibler gestaltet als bei einem Treuhandvertrag[10]. Der Sicherheitentreuhänder hat dennoch darauf zu achten, „seine Eigenschaft ausdrücklich zu erwähnen“, wenn „er zugunsten der Gläubiger der besicherten Verbindlichkeit handelt“[11]. Die Rechte des Sicherheitentreuhänders richten sich jedoch nach den Befugnissen, die ihm die Gläubiger in der Bestellungsurkunde gewähren.
III. Austauch des Sicherheitentreuhänders – Haftung
Die alten französischen Regelungen enthielten im Gegensatz zu denen anderer Rechtsordnungen keine Bestimmungen über den Austausch des Sicherheitentreuhänders. Diese Lücke wurde nunmehr geschlossen. Der Austausch kann vertraglich vorgesehen werden. Jeder Konsorte kann bei Gericht gegebenenfalls die Bestellung eines vorläufigen Sicherheitentreuhänders bzw. die Ersetzung des bestehenden Treuhänders beantragen, falls sich herausstellt, dass dieser gegen seine Pflichten verstößt, die ihm anvertrauten Interessen gefährdet oder gegen ihn ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist[12].
Darüber hinaus hat der Austausch des Sicherheitentreuhänders dank des Zweckvermögens von Rechts wegen die Übertragung dieses Vermögens auf den neuen Treuhänder zur Folge, ohne dass hierzu irgendwelche Formalitäten erforderlich sind[13]. Dies ermöglicht eine schnellere Abwicklung und gewährt Rechtssicherheit. Es werden nämlich die dem ursprünglichen Sicherheitentreuhänder anvertrauten Sicherheiten auf den neuen Treuhänder übertragen, ohne dass ein höheres Risiko potenzieller Nichtigkeiten des Anfechtungszeitraumes (sog. „nullités de la période suspecte“) entsteht.
Falls der Sicherheitentreuhänder seinen Auftrag fehlerhaft ausführt, bestimmt Artikel 2488-12 Code civil schließlich, dass er hierfür mit seinem persönlichen Vermögen haftet. Da hier die allgemeinen Regelungen einschlägig sind, wird sich zeigen, ob und wieweit die Praxis für Sicherheitentreuhänder die in diesem Bereich bereits weit verbreiteten haftungsbeschränkenden oder -ausschließenden Klauseln vorsehen wird.
Der Sicherheitentreuhänder à la française ist dank der Reform nun zu einem wirksamen und modernen Werkzeug geworden, das den Anforderungen der Praxis gerecht wird. Der Gesetzgeber stellt nunmehr einen attraktiven und handhabbaren Mechanismus für Kreditinstitute zur Verfügung, der insbesondere für Konsortialkredite interessant ist, und zu dessen Gebrauch man in Zukunft nur ermutigen kann.
Anja Droege Gagnier und Amélie Dorst
[1] CCass. Com., Urteile vom 13.9.2011, Nr. 10-25.731, 10-25.533 und 10-25.908.
[2] Gesetz Nr. 2016-1691 vom 9.12.2016 über das Transparenzgebot, die Korruptionsbekämpfung und die Modernisierung der Wirtschaft.
[3] Das neue Gesetz findet nur auf Sicherheitentreuhänder Anwendung, die seit dem 1.10.2017 bestellt wurden.
[4] Bericht des französischen Staatspräsidenten über die Verordnung Nr. 2017-748 vom 4.5.2017.
[5] Artikel 2488-9 Code civil.
[6] Die im Rahmen der Ausübung seines Auftrags erworbenen Rechte und Vermögensgegenstände bilden ein diesbezüglich zugewiesenes Vermögen, welches sich von seinem persönlichen Vermögen unterscheidet.
[7] Artikel 2488-10 Code civil.
[8] Laut Bericht des französischen Staatspräsidenten über die Verordnung Nr. 2017-748 vom 4.5.2017 „werden dem Sicherheitentreuhänder die Befugnisse eines Treuhänders zuteil, da er Inhaber der in ein Zweckvermögen übertragenen Sicherheiten und Garantien wird, welches sich von seinem persönlichen Vermögen unterscheidet, und das er im Interesse der betreffenden Gläubiger verwaltet“.
[9] Artikel 2488-7 Code civil: „Die Vereinbarung der Gläubiger über die Bestellung des Sicherheitentreuhänders muss schriftlich erfolgen und seine Eigenschaft, den Gegenstand und die Dauer seines Auftrags sowie den Umfang seiner Befugnisse regeln. Andernfalls ist die Vereinbarung nichtig.“ Nicht mehr erforderlich ist, dass der Sicherheitentreuhänder in der Urkunde benannt wird, in der die besicherte Verbindlichkeit definiert wird. Die Bestellung des Sicherheitentreuhänders kann somit in einer dem Finanzierungsgeschäft vor- oder nachgeschalteten Urkunde erfolgen.
[10] Geregelt in den Artikeln 2011 ff. Code civil.
[11] Artikel 2488-8 Code civil.
[12] Artikel 2488-11 Abs. 1 Code civil.
[13] Artikel 2488-11 Abs. 2 Code civil.