Nachfolgend soll untersucht werden, ob die Wirtschaftsmediation es den Parteien ermöglichen kann, einen Sachkonflikt unter Ausschalten der Emotionen erfolgreich zu bearbeiten, ohne zusätzliche Belastung und Zeitaufwand. Zunächst wird auf das juristische Mediationsmodell und das vermeintliche Sachlichkeitsgebot eingegangen (I.), anschließend wird das Postulat rational entscheidender Parteien hinterfragt (II.) und unter psychologischen Gesichtspunkten kritisch gewürdigt (III.), bevor Schlussfolgerungen für die Wirtschaftsmediation (IV.) gezogen werden.
I. Das juristische Mediationsmodell und das vermeintliche Sachlichkeitsgebot
Leo Montada und Elisabeth Kals stellen fest, dass ,,in der Mediationspraxis Emotionen häufig eher ausgeblendet werden, anstatt dass sie thematisiert und produktiv genutzt würden“. Es bestehe die Auffassung, ,,den Konflikt und damit das Mediationsverfahren durch das Negieren von Emotionen versachlichen zu können“1. Die juristische Methode der Konfliktbearbeitung verlange, dass aus der komplexen Lebenswirklichkeit durch ,,Objektivierung“, das Herstellen einer selektiven Passung zwischen Lebenswirklichkeit und einem gesetzlich oder vertraglich abstrakt formulierten Tatbestand, Rechtsansprüche für die Parteien identifiziert würden. Bei deren Durchsetzung im juristischen Streit, der ebenso wie Vergleiche dem Nullsummenspiel folge, vertreten Anwälte die (vermeintlichen) ,,Interessen“ ihrer Mandanten2. ,,In der juristischen Methode der Konfliktbeilegung stören Emotionen die Objektivierung der Lebenswirklichkeit und die sachliche Herausarbeitung und Prüfung der Rechtsansprüche der Parteien“3. Demzufolge unterscheiden Montada und Kals für Mediationen, die derzeit von Juristen dominiert seien, zwischen einem ,,juristischen Mediationsmodell“ und einer ,,Mediation aus psychologischer Sicht“, die unter Zuhilfenahme von psychologischen Erkenntnissen, insbesondere aus der Kommunikations-, Motivations- und Emotionspsychologie, über die juristische Methode hinausgehe, da deren Erfolg nicht nur am objektiven Kriterium der außergerichtlichen Einigung festgemacht sei4. Montada und Kals führen das ,,Zurückdrängen von Emotionen in der Mediationspraxis und ihre Ignorierung in vielen Mediationsmodellen“ auf ein ,,Sachlichkeitsgebot“ zurück, das aus der ,,rational-choice-theory“ herrühre5, d.h. die implizite, gelegentlich auch explizite Annahme, dass das dominante Konfliktmotiv der Parteien die Maximierung des eigenen Vorteils sei, das Eigeninteresse, der Eigennutz6. Zwar kritisieren sie Mediationen, in denen Emotionen keinen Platz haben, aber sie setzen sich nicht mit den verschiedenen Theorien auseinander und stellen keine Querverbindungen her.
II. Das Postulat rational entscheidender Parteien
Das Postulat mono-motivierter, rational entscheidender Parteien (A.) eines Wirtschaftskonflikts setzt eigenverantwortliches, selbstbestimmtes Handeln der Parteien (B.) voraus, das wiederum mit dem von ihnen auf den Sachkonflikt anwendbaren Konfliktbegriff (C.) im Zusammenhang steht.
A. Das Eigeninteresse der Parteien
Die Annahme, dass an Mediationsverfahren beteiligte Parteien generell aus Eigeninteresse handeln, das jede Verhandlung dominiert, geht auf die ,,Theorie der rationalen Entscheidung“ (,,rational-choice-theory“) zurück7. Jedes Individuum als ,,rationaler Egoist“ (,,homo oeconomicus“) suche in sozialen Interaktionen die für ihn jeweils günstigste Lösung8. Montada und Kals kritisieren nicht zuletzt aus theoretischer Sicht die ,,rational-choice-theory“, ohne sich jedoch mit deren Anwendung auf soziale Interaktionen näher zu befassen, obwohl doch die ,,rational-choice-theory“ den grundlegenden Bestandteil der ,,Spieltheorie“ (,,game-theory“) bildet, die das rationale Entscheidungsverhalten von Parteien in sozialen Konfliktsituationen abzuleiten versucht9. So erklärt das ,,Gefangenendilemma“ (,,prisoner’s dilemma“)10, auch ,,Verhandlungsdilemma“ genannt11, als Ausprägung der Spieltheorie, dass zwei Individuen bei wechselseitigem Vertrauen zu einer für beide Parteien günstigeren Lösung geraten als bei fehlendem Vertrauen und fehlender Kommunikation. Es zeigt, dass zwei Gefangene, die nicht kommunizieren und sich nicht abstimmen können, dazu neigen werden, die jeweils für sie individuell günstigere Lösung zu bevorzugen, die sich jedoch gesamthaft als nicht optimal erweist. Die theoretische Anwendung der „rational-choice-theory“ auf Konfliktsituationen im Gefangenendilemma legt, anders als Montada und Kals meinen, gerade keine „Reduktion allen Handelns auf Eigeninteresse“ beider Konfliktparteien, keine „Ein-Motiv-Annahme“, dar. Vielmehr zeigt das Gefangenendilemma, dass die Konfliktparteien durch Kommunikation und Vertrauen motiviert werden können, über ihre vermeintlichen Eigeninteressen hinaus, für beide weit interessantere Lösungen finden zu können12. Hierauf soll deshalb unter drei psychologischen Aspekten eingegangen werden (unten III.).
B. Die Voraussetzung selbstbestimmbaren Handelns der Parteien
Das Postulat rationaler Entscheidungen von Konfliktparteien unter Verfolgung ihres jeweiligen Eigeninteresses setzt stillschweigend voraus, dass die Parteien überhaupt in der Lage sind, eigenverantwortlich zu handeln. Ohne das Selbstverständnis der Parteien für eigenverantwortliches Handeln im Sinne der mediativen Zielvorstellung des „party-autonomy-project“13, könnte eine Konfliktpartei gar nicht rational entscheiden. Diese Zielvorstellung steht wiederum mit dem Konfliktbegriff in Zusammenhang, der zur Erklärung des Sachkonflikts herangezogen wird, da z. B. biologisch begründete Konflikte selbstbestimmbares Handeln der Parteien ausschließen könnten14, wohl aber nicht Emotionen.
C. Das Rückgreifen auf den Konfliktbegriff der Parteien
Rationales, selbstbestimmtes Handeln der Parteien eines Sachkonflikts muss sich deshalb mit dem Konfliktbegriff auseinandersetzen. Gemäß den Konflikttheorien haben Sachkonflikte ihren Ursprung in ungleicher, vertikaler (Marx) oder horizontaler (Weber) Verteilung von Macht und Reichtum und den damit verbundenen Herrschaftsstrukturen oder sozialen Zugehörigkeiten (Simmel), d.h. letztlich in gesellschaftlichen Strukturen (soziologische Konflikttheorien). Konflikte können auch auf das natürliche Prinzip der Selektion (Darwin) zurückgehen (biologische Konflikttheorie), oder sich als Ausdruck des Widerspruchs zwischen normativen gesellschaftlichen Erwartungen und individuellen Bedürfnissen des Individuums (psychoanalytische Konflikttheorie) erweisen. Betrachtet man die Ursachen von Konflikten, gehen Sachkonflikte regelmäßig mit emotionalen Konflikten einher. Sachkonflikte ohne emotionale Konflikte scheinen bei Herrschafts- und Gesellschaftsstrukturen als Konfliktauslöser ebenso wenig vorstellbar wie beim Entstehen von Konflikten aufgrund Selektion , geschweige denn bei Widersprüchen zwischen individuellen Bedürfnissen und gesellschaftlichen Anforderungen. Falls Sachkonflikte nicht sogar durch emotionale Konflikte ausgelöst werden, so werden sie aufgrund der von den Konflikttheorien beschriebenen Ursachen zumindest von einem emotionalen Konflikt begleitet15. Vermeintlich rationales Handeln der Parteien soll nunmehr im Lichte der Emotions-, Kommunikations- und Motivationspsychologie kritisch in Frage gestellt werden (III. A., B. und C.).
III. Kritische Infragestellung des Postulats rationaler Entscheidungen der Parteien
Aspekte des Gefangenendilemmas (oben II.A.) sowie der Konflikttheorien (oben II.C.) verweisen auf die Psychologie als die Wissenschaft vom Erleben und Verhalten der Menschen16, insbesondere auf die Emotions- (A.), Kommunikations- (B.) und Motivationspsychologie (C.). Sie zeigen, dass menschliches Handeln von zahlreichen äußeren und inneren Umständen geprägt und motiviert ist, und sich nicht auf rationales, eigenverantwortliches Handeln der Konfliktpartei im Eigennutz nach der „rational-choice-theory“ im Lichte des „party-autonomy-project“ beschränkt.
A. Aufgrund der Emotionspsychologie
Emotionen hätten vor allem eine motivierende, soziale und kognitive Funktion, seien Auslöser für Handlungen und richteten das menschliche Verhalten auf spezielle Ziele (unten III.C.)17. Emotionen dienten häufig der Regulierung sozialer Interaktionen, gerade auch bei der bewussten und unbewussten sozialen Kommunikation (nachfolgend III.B). Schließlich beeinflusse die kognitive Funktion von Emotionen das Lernen, das Gedächtnis und die Kreativität18, was für das Suchen nach kreativen Lösungen in Mediationen hilfreich ist. Die Emotionspsychologie erklärt, wie eine ,,Emotion“ entsteht19, klärt über das Zustandekommen von Gefühlen auf, die in Konflikten virulent sind und deren Beilegung behindern können und bietet Möglichkeiten, belastende Gefühle zu verstehen und zu verändern20. Emotionen als ein ,,komplexes Muster von Veränderungen, das physiologische Erregung, Gefühle, kognitive Prozesse und Verhaltensweisen umfasst“ in Reaktion auf Situationen, die ein Individuum als persönlich bedeutsam wahrnimmt21, spielten nicht nur eine zentrale Rolle in der Entwicklung und im Verlauf von Konflikten, sondern auch für deren Lösung22. Emotionen würden ,,weithin als irrationale Reaktionen angesehen, die einer sachlichen Bewertung und Bewältigung einer Situation im Wege stünden. Zudem würden Emotionen als Widerfahrnisse gesehen, die der Mensch passiv „erleidet“, d.h. die ohne sein Zutun entstehen und der bewussten Steuerung mehr oder weniger entzogen sind“23. Sie seien diagnostisch aufschlussreich, da sie zeigen, was jemandem wichtig ist24. Emotionen könnten auch den Blick einer Partei auf eine objektivere Wahrnehmung des Handelns der anderen Konfliktpartei verstellen25. Während bei Mediationen in nahen Beziehungen Emotionen durchaus Beachtung geschenkt würde, verhielte sich dies anders bei geringerer Nähe der Parteien. Montada und Kals stellen demgegenüber fest, ,,auch wenn ein Konflikt als Sachkonflikt vorgetragen wird, ist es häufig ein Konflikt auf der Beziehungsebene“26. Das Entstehen von Emotionen beim Entstehen eines Konfliktes ergibt sich unserer Ansicht nach (oben II.C.) bereits aus den Konflikttheorien, denen zufolge das Entstehen eines Sachkonfliktes ohne Emotionen, die nicht immer irrationaler Natur sein müssen, schwerlich vorstellbar ist. Anlass und Inhalt der Gefühle seien je nach Fallgestaltung durchaus unterschiedlich. So bezögen sie sich in Umweltfragen z. B. auf den Konfliktgegenstand, während sie in anderen Konflikten gegenüber der Gegenseite entstünden27.
B. Aufgrund der Kommunikationspsychologie
Emotionen dienen der Regulierung sozialer Interaktionen, gerade auch bei bewusster oder unbewusster sozialer Kommunikation28. Kommunikation ist der verbale oder non-verbale Austausch von codierten Informationen zwischen einem Sender und einem Empfänger, der sie decodieren muss29. Kommunikation ermöglicht den Konfliktparteien einen Austausch über ihre Emotionen und Motivationen im Rahmen der Mediation. Die Kommunikationspsychologie klärt hierbei über Missverständnisse in der Kommunikation und über Möglichkeiten auf, das gegenseitige Verstehen zu fördern30. Rationales, eigennütziges Handeln einer Konfliktpartei gemäß der ,,rational-choice-theory“ setzt jedoch voraus, dass sie mit der anderen Partei transparent kommunizieren möchte. Es erscheint aber durchaus möglich, dass eine Konfliktpartei gerade nicht ihre ,,Unbefangenheit“, ,,Unverbindlichkeit“ und ,,verborgenen Qualitäten“ in den Verhandlungen einbüßen möchte und es deshalb vorziehen wird, ,,intransparent“ zu verhandeln31, ohne ihren ,,jardin secret“ aufzugeben. Die Entscheidung, ob und wie eine Konfliktpartei kommunizieren wird (,,Man kann nicht nicht kommunizieren“32), ist demnach ebenfalls von Emotionen beeinflusst.
C. Aufgrund der Motivationspsychologie
Emotionen wirken motivierend33, aber nicht nur. Motivation bezeichnet Prozesse, die körperliche und psychische Vorgänge auslösen, steuern, oder aufrechterhalten34. Als Quelle für Motivationen gelten sowohl innere Triebe, instinktives Verhalten, als auch bei nachdenkenden Lebewesen, neben Emotionen, Erwartungen35 und Bedürfnisse (Abraham Maslows Bedürfnispyramide)36. Es besteht demnach auch ein Zusammenhang zwischen Emotionen und Motivation, der per se mono-motiviertes, eigennütziges Handeln einer Konfliktpartei im Sinne der ,,rational-choice-theory“ ausschließt.
IV. Fazit für die Wirtschaftsmediation
Aus den obigen rein theoretischen Überlegungen ergibt sich, dass der Mensch sich im Falle eines Sachkonflikts gerade nicht zwingend eigennützig verhalten wird. Vielmehr zeigen schon die von den Konflikttheorien beleuchteten Ursachen von Konflikten, dass einem Wirtschaftskonflikt notwendigerweise ein emotionaler Konflikt vorausgeht bzw. mit ihm einhergeht. Die Ursachen von Konflikten implizieren geradezu das Entstehen von (begleitenden) emotionalen Konflikten , die ihrerseits Einfluss auf die Art der Kommunikation und der Motivation der jeweiligen Konfliktpartei haben. Darüber hinaus zeigt, anders als von Montada und Kals angenommen37, die Anwendung der ,,rational-choice-theory“ im intersozialen Konflikt des Gefangenen- oder Verhandlungsdilemmas als Anwendungsfall der Spieltheorie, dass der Mensch sich nicht per se mono-motiviert eigennützig verhalten wird, sondern dass Kommunikation und Vertrauen die Motivationen und das Verhalten beider Parteien ändern können, selbst wenn sie dann beide zusammen die ihnen günstigere Lösung suchen werden. Sie ist aber nicht mono-motiviert und auf Eigennutz gerichtet, sondern berücksichtigt komplexer die gemeinsamen Interessen im Sinne einer ,,non-zero-sum“ bzw. ,,win-win“ Lösung. Im Ergebnis folgerichtig stellen Montada und Kals ebenfalls fest, dass „die Annahme einer generellen Dominanz von Eigeninteressen in der Motivation der Menschen falsch ist…In Konflikten ist Eigeninteresse nur eine Motivhypothese unter mehreren. Insbesondere die Verbreitung und Bedeutung der Wertorientierungen sowie der Verantwortungs- und Gerechtigkeitsmotive sind nicht zu unterschätzen„38. Es lässt sich aufgrund der obigen Ausführung-en theoretisch begründen, dass es keinen Wirtschaftskonflikt per se ohne Emotionen und keine Wirtschaftsmediation per se ohne Emotionen geben kann39. Daniel Goleman hat dies folgender-maßen formuliert: ,,For better or worse, intelligence can come to nothing when emotions hold sway“40 und “One is an act of the emotional mind, the other of the rational mind. In a very real sense we have two minds, one that thinks and one that feels”41. Daraus folgt, dass es schwerlich, oder nur unter größerem Zeitaufwand langsam und mühselig gelingen wird, in einer vermeintlich sachlichen Wirtschaftsmediation zielführend voran zu kommen, ohne auf das von den Parteien Erlebte und ihre daraus herrührenden, auch latenten Emotionen, sowohl in der Kommunikation, als auch in Bezug auf ihre Motivation einzugehen. Dies gilt unabhängig davon, wie vermeintlich ,,juristisch nüchtern“ der Wirtschaftskonflikt ,,gelagert“ sein mag. Diese theoretischen Ergebnisse decken sich mit den Praxiserfahrungen des Autors in Wirtschaftsmediationen, in denen von den Parteien häufig unter der sachlichen ,,Oberflächenstruktur“ des Wirtschaftskonflikts dessen latente emotionale ,,Tiefenstruktur“42 versteckt ist. Ohne eine Bearbeitung der emotionalen ,,Tiefenstruktur“ deblockieren und entwickeln die Parteien erfahrungsgemäß kaum, oder nur mühselig und zeitaufwendig, kreative Lösungen auf der Sach-,,Oberflächenstruktur“.
Dr. iur. Martin Hauser, Avocat au Barreau de Paris/ Rechtsanwalt, Mediator CMAP, BMHAVOCATS, Paris
1 Leo Montada/ Elisabeth Kals, Mediation. Lehrbuch für Psychologen und Juristen, Weinheim 2001, S. 46 – 3.3.2; ebenso Tricia S. Jones/ Andrea Bodtker, Mediating with heart in mind: Adressing emotion in mediation practice. Negotiation Journal 2001, S. 218; vgl. auch die Darstellung von Christian Duve, Horst Eidenmüller, Andreas Hacke, Mediation in der Wirtschaft, Köln 2011, S. 138: ,,In der Wirtschaft herrscht die Auffassung vor, solche ‚Gefühlsduselei‘ sei irrational, negativ oder überflüssig. Man dürfe Gefühle höchstens ausdrücke,, wenn sie sich rational rechtfertigen ließen…Anderenfalls seien sie etwas für Kinder und Kinofilme, aus männlicher Sicht vielleicht auch noch etwas für Frauen. Manche halten die Offenlegung von Emotionen verhandlungstaktisch für eine Schwäche. Sie meinen, dass diese Offenheit ihre Verwundbarkeit zeigt“.
2 Leo Montada/ Elisabeth Kals, a.a.O. Fn. 1, S. 24-25 – 2.3.2
3 Leo Montada/ Elisabeth Kals, a.a.O. Fn. 1, S. 46 S. 30 – 2.3.4, S. 44 – 3.3
4 Leo Montada/ Elisabeth Kals, a.a.O. Fn. 1, S. 46 S. 30 – 2.3.4 – 35 – 2.3.5
5 Leo Montada/ Elisabeth Kals, a.a.O. Fn. 1, S. 44 – 3.3: ,,Eine zweite Quelle des Sachlichkeitsgebots stellt vermutlich das Modell der an Eigeninteresse orientierten rationalen Wahl (das Rational-choice-Modell) dar. Die Vielfalt motivbasierter menschlicher Gefühle ist darin nicht dargestellt, da als einziges Motiv die Maximierung von Eigennutz repräsentiert ist. Die Maximierung von Eigennutz gelingt am besten durch kühle rationale Wahlen. Die Bedeutung von Emotionen wird jedenfalls in vielen Mediationsmodellen, in der empirischen Mediationsforschung und der Mediationspraxis…nicht erkannt oder unterschätzt“.
6 Leo Montada/ Elisabeth Kals, a.a.O. Fn. 1, S. 47 – 3.3.2 – 48 – 3.4
7 Leo Montada/ Elisabeth Kals, a.a.O. Fn. 1, S. 49 – 3.4
8 Leo Montada/ Elisabeth Kals, a.a.O. Fn. 1, S. 50 – 3.4
9 www.de.wikipedia.org/wiki/Spieltheorie: ,,In der Spieltheorie werden Entscheidungssituationen modelliert, in denen sich mehrere Beteiligte gegenseitig beeinflussen. Sie versucht dabei unter anderem, das rationale Entscheidungsverhalten in sozialen Konfliktsituationen abzuleiten“.
10 www.de.wikipedia.org/ wiki/ Gefangenendilemma: Zwei Spieler oder Gefangene hätten ein Interesse daran zu kooperieren, sind aber daran gehindert, und mangels Kommunikation zwischen ihnen wird jeder Spieler bzw. Gefangene wählen, den anderen zu verraten, wenn das Spiel nur einmal gespielt wird. In dieser Situation wird jeder zu vier Jahren Haft (zusammen acht Jahren) verurteilt werden. Diese Situation beschreibt einen Zustand in dem eine optimale individuelle Strategie zu einem Resultat führt, welches gesamthaft gesehen, nicht optimal ist:
Zwei Gefangene werden verdächtigt, gemeinsam eine Straftat begangen zu haben. Beide Gefangene werden in getrennten Räumen verhört und haben keine Möglichkeit, sich zu beraten bzw. ihr Verhalten abzustimmen. Die Höchststrafe für das Verbrechen beträgt sechs Jahre. Wenn die Gefangenen sich entscheiden zu schweigen (,,Kooperation“), werden beide wegen kleinerer Delikte zu je zwei Jahren Haft verurteilt. Gestehen jedoch beide die Tat (,,Defektion“), erwartet beide eine Gefängnisstrafe, wegen der Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden jedoch nicht die Höchststrafe, sondern lediglich von vier Jahren. Gesteht nur einer (,,Defektion“) und der andere schweigt (,,Kooperation“), bekommt der erste als Kronzeuge eine symbolische einjährige Bewährungsstrafe und der andere bekommt die Höchststrafe von sechs Jahren. In einer Matrix eingetragen ergibt sich inklusive des Gesamtergebnisses folgendes Bild:
11 Christian Duve, Horst Eidenmüller, Andreas Hacke, a.a.O. Fn. 1, S. 59
12 Im Ergebnis ähnlich, Christian Duve, Horst Eidenmüller, Andreas Hacke, a.a.O. Fn. 1, S. 62: ,,Das Verhandlungsdilemma gibt jedoch Aufschluss darüber, welche Umstände kooperatives Verhalten begünstigen oder behindern: Kommunikation, Informationsaustausch und Vertrauen sind wichtige Voraussetzungen für die Optimierung von Verhandlungsergebnissen“.
13 Vgl. zu den Zielvorstellungen Stephan Breidenbach/ Ulla Glässer, Selbstbestimmung und Selbstverantwortung im Spektrum der Mediationsziele, ZFM 1999, S. 207-212
14 Vgl. Hierzu Martin Hauser, Relevanz des Konfliktverständnisses für die Konfliktanalyse in der Wirtschaftsmediation, ZKM Veröffentlichung im Jahre 2014 vorgesehen, unter I. ,,Den Konflikttheorien liegt demnach die Annahme einer mehr oder weniger ausgeprägten Selbstbestimmbarkeit und Eigenverantwortlichkeit der Akteure für Konflikte zugrunde, an denen sie beteiligt sind. Soweit Konflikte nach dem Verständnis dieser Konflikttheorien weitgehend gesellschaftlich oder biologisch bedingt wären und ein solches Verständnis von den Beteiligten mehr oder weniger bewusst geteilt würde, wäre nicht auszuschließen, dass bereits das Konfliktverständnis der Streitparteien als solches einer freien Konfliktbehandlung durch die Parteien auf dem Verhandlungswege im Wege stünde.“
15 Ebenso, allerdings ohne Begründung insbesondere Querverbindung zu den Konflikttheorien: Leo Montada/ Elisabeth Kals, a.a.O. Fn. 1, S. 46 S. 45 – 3.3.1 „Es wird übersehen, dass Emotionen immer Bestandteil von Konflikten sind. Nur Anlass und Inhalt der Gefühle sind unterschiedlich in den verschiedenen Feldern…Auch wenn ein Konflikt als Sachkonflikt vorgetragen wird, ist es häufig letztlich ein Konflikt auf der Beziehungsebene“; Tricia S. Jones/ Andrea Bodtker, a.a.O. Fn. 1, S. 221: „Conflict is emotionally defined. Most definitions argue that conflict occurs when people perceive incompatible goals or interference from one another. These triggering events that cause conflict are, by definition, events that elicit emotion. …Since the triggers of emotion and the triggers of perceived conflict are the same, to recognize that we are in conflict is to acknowledge that we have been triggered emotionally”, S. 223: “Rather than seeing emotion as a side effect of a conflict, they need to view emotion as a framer of the conflict, as a social construction through which the disputant defines the conflict reality”.
16 Philip G. Zimbardo/ Richard J. Gerrig, Psychologie, Berlin 1999, Kapitel 1.3: Aktuelle theoretische Perspektiven, S. 9 – 17: Es gibt keine allumfassende Theorie, die das menschliche Verhalten in seiner ganzen Vielfalt und Komplexität erklären könnte, sondern verschiedene Ansätze. Die von Sigmund Freud entwickelte psychodynamische Perspektive der Psychologie legt dar, dass menschliches Handeln keineswegs von bewusster Aufmerksamkeit, sondern durchaus von irrationalen Motiven geprägt sein kann. Nach der biologischen Perspektive liegen die Ursachen für menschliches Verhalten in den elektrochemischen Prozessen des genetischen Programms eines jeden Menschen. Laut dem behavoristischen Ansatz ist unser Handeln größtenteils das Ergebnis von Umwelteinflüssen, als Antwort auf bestimmte Stimuli und weniger durch innere Motivationen gekennzeichnet. In der kognitiven Perspektive wird angenommen, dass es die Prozesse der Informationsverarbeitung sind, die festlegen, wie sich ein Individuum verhalten wird. Demnach reagieren Menschen nicht auf die Realität, wie sie objektiv beschreibbar vorliegt, sondern wie sie sich ihnen als subjektive Realität darstellt als Konstruktion der eigenen Interpretation der Welt. Der humanistische Ansatz vor allem nach Carl Rogers und Abraham Maslow stellt das natürliche Streben des Individuums nach seelischem Wachstum und psychischer Gesundheit sowie das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung als grundlegende Logik des Menschen heraus. Nach der evolutionären Theorie erklärt sich menschliches Verhalten auf der Grundlage des extrem langen Evolutionsprozesses im Laufe der Menschheitsgeschichte im Sinne von Verhaltensmustern, die sich nach dem Selektionsprinzip durchgesetzt haben.
17 Philip G. Zimbardo/ Richard J. Gerrig, a.a.O. Fn. 16, S. 367 – 8.3
18 Philip G. Zimbardo/ Richard J. Gerrig, a.a.O. Fn. 16, S. 368-369 – 8.2
19 Jürgen H. Otto/ Harald A. Euler/ Heinz Mandl, Emotionspsychologie, Weinheim 2000, S. 15 – 3.: „Emotion ist eine Episode zeitlicher Synchronisation aller bedeutender Subsysteme des Organismus, die fünf Komponenten bilden (Kognition, physiologische Regulation, Motivation, motorischer Ausdruck und Monitoring/Gefühl), und die eine Antwort auf die Bewertung eines externalen oder internalen Reizereignisses als bedeutsam für die zentralen Bedürfnisse und Ziele des Organismus darstellt“; Philip G. Zimbardo/ Richard J. Gerrig, a.a.O. Fn. 16, S. 364-365 – 8.2
20 Leo Montada/ Elisabeth Kals, a.a.O. Fn. 1, S. 34 – 2.3.5
21 Philip G. Zimbardo/ Richard J. Gerrig, a.a.O. Fn. 16, S. 359 – 8.1
22 Leo Montada/ Elisabeth Kals, a.a.O. Fn. 1, S. 37 – 2.3.5
23 Leo Montada/ Elisabeth Kals, Mediation. Psychologische Grundlagen und Perspektiven, Weinheim 2013, S. 172 – 6.2
24 Leo Montada/ Elisabeth Kals, a.a.O. Fn. 1, S. 44 – 3.3
25 Keith G. Allred, Anger and retaliation in conflict. The role of attribution. In Morton Deutsch & Peter T. Coleman (Hrsg.), The handbook of conflict resolution. Theory and practice, San Francisco 2002, S. 241 ff.
26 Leo Montada/ Elisabeth Kals, a.a.O. Fn. 1, S. 45 – 3.3.1
27 Leo Montada/ Elisabeth Kals, a.a.O. Fn. 1, S. 45 – 3.3.1
28 Vgl. oben III. A., Philip G. Zimbardo/ Richard J. Gerrig, a.a.O. Fn. 16, S. 368-369 – 8.2
29 Leo Montada/ Elisabeth Kals, a.a.O. Fn. 23, S. 222 ff – 8.3; siehe die Kommunikationsmodelle von Marshall B. Rosenberg, Gewaltfreie Kommunikation. Aufrichtig und einfühlsam miteinander sprechen, Paderborn 2001, S. 21: die vier Komponenten der GFK: (1)“ Beobachtungen“, (2) „Gefühle“, (3) „Bedürfnisse“ und (4) „Bitten“; Friedemann Schulz von Thun, Miteinander Reden 1. Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation, Reinbeck 1992, S. 44 ff: (1) „Sachinhalt – Sach-Ohr“, (2) „Selbstoffenbarung – Selbstoffenbarungs-Ohr“, (3) „Beziehung zum anderen – Beziehungs-Ohr“, (4) „Appell – Appell-Ohr“.
30 Leo Montada/ Elisabeth Kals, a.a.O. Fn. 1, S. 33 – 2.3.5
31 Eberhard Stahl, Lob der Intransparenz. In: Friedemann Schulz von Thun/ Dagmar Kumbier. Impulse für Kommunikation im Alltag: Kommunikationspsychologische Miniaturen 3. Reinbeck 2010, S. 206-233
32 Paul Watzlawick/ Janet H. Beavin/ Don D. Jackson, Menschliche Kommunikation: Formen, Störungen und Paradoxien, Ber,n 2000, S. 51
33 Philip G. Zimbardo/ Richard J. Gerrig, a.a.O. Fn. 16, S. 367 – 8.3: „Emotionen haben eine motivierende Funktion dadurch, dass sie zum handeln in Bezug auf ein tatsächlich erlebtes oder vorgestelltes Ereignis anspornen. Emotionen richten dann das Verhalten auf spezielle Ziele und halten es aufrecht….Emotionen können auch eine Rückmeldung über den eigenen motivationalen Zustand geben“.
34 Philip G. Zimbardo/ Richard J. Gerrig, a.a.O. Fn. 16, S. 319 – 7.1
35 Philip G. Zimbardo/ Richard J. Gerrig, a.a.O. Fn. 16, S. 320 ff – 7.1.2
36 Philip G. Zimbardo/ Richard J. Gerrig, a.a.O. Fn. 16, S. 324 – 7.1.3: merkwürdigerweise führen die Autoren unter den sogenannten „Quellen der Motivation“ nicht ausdrücklich die Emotionen auf, es sei denn sie seien beim Nennen von kognitiven „Erwartungen“ und „Bedürfnissen“ inbegriffen; sie tun dies jedoch ausdrücklich an anderer Stelle S. 367 – 8.3: „Emotionen haben eine motivierende Funktion dadurch, dass sie zum handeln in Bezug auf ein tatsächlich erlebtes oder vorgestelltes Ereignis anspornen. Emotionen richten dann das Verhalten auf spezielle Ziele und halten es aufrecht….Emotionen können auch eine Rückmeldung über den eigenen motivationalen Zustand geben“.
37 Sie beschränken ihre Analyse auf die Aussage der „rational-choice-theory“ als „mono motivierende“ auf Eigennutz der Konfliktpartei gerichtete Theorie, ohne diese wie im Gefangendilemma in einer intersozialen Konfliktsituation auf den Prüfstein zu stellen.
38 Leo Montada/ Elisabeth Kals, a.a.O. Fn. 1, S. 37
39 Vgl. auch Thierry Garby, La Gestion des conflits, Paris 2004, S. 3, 64, 70, 84, 88, der die Frage einer Konfliktlösung insbesondere im Wirtschaftsbereich nicht ausdrücklich aufwirft, aber in seinen Ausführungen keinen Zweifel daran lässt, dass psychologische Begriffe Teil einer Mediationsausbildung sind, und dass Emotionen Konflikte (mit)auslösen können und ihre Behandlung Bestandteil der Mediation ist, da „psychologische Faktoren“ zu einer Blockade in den Verhandlungen führen können; im Ergebnis ebenso Christian Duve, Horst Eidenmüller, Andreas Hacke, a.a.O. Fn. 1, S. 137
40 Daniel Goleman, Emotional Intelligence, New York 1995, S. 27
41 Daniel Goleman, a.a.O. Fn. 40, S. 32
42 Leo Montada/ Elisabeth Kals, a.a.O. Fn. 23, S. 52 zur „Oberflächen und Tiefenstruktur der Konflikte“.