Mit Deutschland als wichtigstem Partner Frankreichs im Wirtschaftsverkehr werden jährlich etwa 350.000 deutsche Staatsbürger nach Frankreich entsandt. Vor Kurzem wurden allerdings die Verpflichtungen für Unternehmen, die Mitarbeiter nach Frankreich entsenden, oder Unternehmen beauftragen, die nach Frankreich entsandte Mitarbeiter beschäftigen, durch eine das Gesetz zum Kampf gegen unlauteren sozialen Wettbewerb vom 10. Juli 2014 ergänzende Verordnung zum Kampf gegen betrügerische Praktiken im Rahmen der Entsendung verstärkt. Hier ein kurzer Überblick zu den wichtigsten geltenden Bestimmungen.
1. Für Kontrollen aufzubewahrende Unterlagen
Im Falle einer Kontrolle durch die Arbeitsinspektion müssen Unternehmen, die Mitarbeiter nach Frankreich entsenden, eine Vielzahl von Unterlagen vorlegen. Diese Unterlagen sind entweder am Arbeitsort des Mitarbeiters oder, soweit dies nicht möglich ist, an einem für den Vertreter des Unternehmens zugänglichen Raum aufzubewahren.
Zur Überprüfung der den entsandten Mitarbeiter betreffenden Informationen müssen folgende Unterlagen aufbewahrt werden:
– die Arbeitserlaubnis,
– Bescheinigung der medizinischen Antrittsuntersuchung,
– die Gehaltsabrechnungen der Mitarbeiter, die für mindestens einen Monat entsandt werden,
– Nachweise über die Zahlung des Mindestlohns,
– die Beschäftigungsdauer und Arbeitszeiten,
– Unterlagen zu Urlaubs- und Feiertagen sowie der dementsprechenden Gehaltsbestandteile,
– Voraussetzungen der Anmeldung bei Urlaubs- und Unwetterkassen,
– der anwendbare Tarifvertrag,
– Unterlagen zur Zahlung des Mindestlohnes für Mitarbeiter, die für weniger als einen Monat entsandt werden,
– Nachweise über die tatsächliche Auszahlung der Gehälter,
– Stundenaufstellungen mit Beginn und Ende der Arbeitszeit eines jeden Mitarbeiters,
– Kopie der Bestellung des Vertreters durch den Arbeitgeber.
Um das tatsächliche Bestehen und den ausreichenden Umfang der Tätigkeit des Arbeitgebers im Ursprungsstaat nachweisen zu können, sind folgende Unterlagen vorzuglegen:
– Nachweis über die ordnungsgemäße Abführung der Sozialabgaben, soweit sich die Niederlassung in einem nicht zur Europäischen Union gehörenden Mitgliedsstaat befindet,
– der Arbeitsvertrag oder alle sonstigen Unterlagen zum Nachweis über den Einstellungsort und das auf das Vertragsverhältnis anwendbare Recht,
– Aufstellung zu der Anzahl der vom Unternehmen in seinem Herkunftsland und in Frankreich ausgeführten Aufträge und erwirtschafteten Umsätze.
2. Bestellung eines Vertreters in Frankreich
Vor Beginn der Entsendung ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, einen Vertreter für Frankreich zu bestellen. Die Bestellung muss Angaben zum Namen, Vornamen, Geburtsort und –datum, Telefonnummer(n), E-Mailadresse sowie Postanschrift in Frankreich beinhalten.
Des Weiteren hat der Vertreter sein Einverständnis hinsichtlich der Bestellung zu bestätigen. Außerdem muss der Beginn sowie die Dauer der Bestellung aufgeführt werden, wobei deren Dauer auf die Dauer der Entsendung beschränkt ist. Die Bestellung ist auf Französisch zu übersetzen und zusammen mit den oben genannten Unterlagen aufzubewahren.
3. Die Anmeldung der Entsendung
In der vor Beginn der Entsendung an die Arbeitsinspektion zu übermittelnden Anmeldung sind nunmehr wesentlich mehr Angaben aufzuführen als in der Vergangenheit. Dies betrifft insbesondere das Unternehmen, den zuständigen Sozialversicherungsträger, den Entsendeort, den Vertreter des Unternehmens in Frankreich, die Personalien der entsandten Mitarbeiter sowie Informationen zur Verköstigung und Beherbergung.
Sämtliche Entsendeanmeldungen sind dem Personalregister, zu welchem die Personalvertreter und Kontrollbeamten im Unternehmen, auf der Baustelle oder an jedem anderen außerhalb des Unternehmens befindlichen Ausführungsort Zugang haben, beizufügen. Bei Zuwiderhandlung können Geldbußen von bis zu 3.750 Euro pro entsandtem Mitarbeiter, dessen Anmeldung nicht dem Personalregister beigefügt wurde, verhängt werden.
Mitarbeiter des Baugewerbes oder öffentlicher Arbeiten benötigen des Weiteren eine berufliche Identifikationskarte, welche ihrerseits ebenfalls eine nicht unerhebliche Anzahl von Angaben enthält.
4. Gesteigerte Verantwortung der Bauherren und Auftraggeber
Den Bestimmungen der Verordnung entsprechend sind die Bauherren und Auftraggeber vor Beginn der Ausführung dazu verpflichtet, sich der ordnungsgemäßen Ausführung der oben genannten Verpflichtungen zu versichern, indem sie beim Unterbeauftragten eine Kopie der Entsendeanmeldung und der Bestellung des Vertreters anfordern.
Des Weiteren müssen sie eventuellen Verstößen gegen die oben genannten Verpflichtungen ein Ende setzen, indem sie den Unterbeauftragten dazu auffordern, seinen Verpflichtungen ordnungsgemäß nachzukommen. Im Anschluss an diese Aufforderung verfügt der Unterbeauftragte über eine siebentägige Frist, um dem Bauherren oder Auftraggeber die dahingehend getroffenen Maßnahmen anzuzeigen, damit dieser die entsprechenden Informationen an die zuständigen Kontrollorgane weiterleiten kann. Soweit die Bauherren oder Auftraggeber dieser Verpflichtung nicht nachkommen, können sie gesamtschuldnerisch mit dem Unterbeauftragten haftbar gemacht werden.
Die Bauherren und Auftraggeber müssen sich gegenüber ihren Vertragspartnern auch der ordnungsgemäßen Beschäftigungsanmeldung sowie Abführung der Sozialabgaben an den zuständigen Sozialversicherungsträger versichern. Diese Verpflichtung besteht im Hinblick auf alle Verträge, deren Vertragsgegenstand einen Wert von 5.000 Euro übersteigt (bisher lag diese Grenze bei 3.000 Euro).
Des Weiteren tragen Auftraggeber und Bauherren die Mitverantwortung für eine menschenwürdige Unterbringung der entsandten Mitarbeiter. Daher sind sie innerhalb von 24 Stunden ab Erhalt der Aufforderung eventuelle Missstände zu beseitigen dazu verpflichtet, über die vom Unternehmen dahingehend getroffenen Maßnahmen zu informieren. Sie haben der zuständigen Behörde anschließend Bericht über die getroffenen Maßnahmen zu erstatten und können selbst zur Ausführung von Maßnahmen verpflichtet sein, soweit der Unterbeauftragte seiner Verpflichtung nicht nachkommt.
5. Härteres Strafmaß
Neben vielen anderen Strafen bestimmt das Gesetz eine Geldstrafe von bis zu 1.500 Euro (3.000 Euro bei Widerholungstaten), soweit der über Verstöße informierte Bauherr oder Auftraggeber diesen nicht dazu auffordert, seinen Verpflichtungen innerhalb der oben genannten Frist nachzukommen oder das zuständige Kontrollorgan über das Ausbleiben einer Antwort des Arbeitgebers auf seine Aufforderung innerhalb dieser Frist nicht informiert hat.
Des Weiteren kann der Präfekt die Schließung des betreffenden Unternehmens für eine Dauer von drei Monaten sowie dessen Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen anordnen.
Neben diesen schärferen Verwaltungsstrafen kann es auch zu einer Mittäterschaft der Auftraggeber oder Bauherren im Hinblick auf diverse strafrechtliche Tatbestände, wie beispielsweise die der Schwarzarbeit sowie der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung beziehungsweise unerlaubte Vermittlung von Arbeitskräften, kommen. Dieses Vergehen wird mit einer Gefängnisstrafe von bis zu zehn Jahren und einer Geldstrafe von bis zu 100.000 Euro geahndet.
Außerdem können auch die Gewerkschaften im Interesse der betroffenen Mitarbeiter tätig werden.
Schlussfolgerung
Unternehmen, die Mitarbeiter nach Frankreich entsenden oder Unternehmen beauftragen, die nach Frankreich entsandte Mitarbeiter beschäftigen, haben nunmehr eine Vielzahl neuer rechtlicher Verpflichtungen zu beachten, wobei die Zuwiderhandlung zu nicht unerheblichen Strafen führen kann. Die betroffen Unternehmen sollten sich daher unbedingt der Einhaltung selbiger versichern, um hohe Geldstrafen sowie strafrechtliche Verurteilungen oder eine zivilrechtliche Haftung zu vermeiden.
Dr. iur. Aymeric Le Goff, Constance Koch