Zwei kürzlich verabschiedete Gesetze sollen die Umstellung auf umweltfreundlichere Gewerbegebäude fördern. Hier ein kurzer Überblick.
I. Neue Energieeffizienzstandards für Dienstleistungsgebäude
Für Gebäude des Dienstleistungssektors (welcher Hotels, Einkaufszentren und Bürogebäude einschließt) wurden mit Dekret vom 23. Juli 2019 „über die Pflicht zur Reduzierung des Endenergieverbrauchs in Dienstleistungsgebäuden“ neue Standards zur Verringerung des Endenergieverbrauchs in bereits vorhandenen Dienstleistungsgebäuden festgelegt1. Ziel ist es, den Endenergieverbrauch im Vergleich zu 2010 um mindestens 40 % bis 2030, 50 % bis 2040 und 60 % bis 2050 zu reduzieren2. Dieses Ziel kann auch erreicht werden, indem der Endenergieverbrauch des existierenden Gebäudes auf das Niveau eines „neu bebauten“ Gebäudes der selben Kategorie reduziert wird.
Hauptkriterium für die Anwendung dieses neuen Gesetzes ist die Bodenfläche, welche mindestens 1.000 m2 betragen muss.
Die Verpflichtung, den Energieverbrauch in Dienstleistungsgebäuden zu senken, ist seit dem 1. Oktober 2019 in Kraft.
Die vorgeschriebenen Maßnahmen zieln auf Folgendes ab: die Energieeffizienz der Gebäude im Allgemeinen, den Einbau von effizienten Anlagen sowie von Kontroll- und aktiven Managementeinrichtungen für diese Anlagen, die Betriebsmodalitäten dieser Anlagen, die Umstellung der Gebäude auf eine energiesparende Nutzung und das Nutzer verhalten.
In einem Ministerialerlass („arrêté“) werden die bei der Reduzierung des Endenergieverbrauchs gesetzten Ziele für jeden Wirtschaftssektor nach „Nutzungsintensitätsindikatoren“ („indicateurs d’intensité d’usage“)3 festgelegt. Der Erlass wurde von der Regierung vor einigen Tagen vorgelegt und dürfte demnächst veröffentlicht werden.
Das Dekret sieht bei den vorerwähnten Zielen mehrere „Modulationsmöglichkeiten“ vor, bei denen die negativen Auswirkungen der zur Erreichung der Ziele getroffenen Maßnahmen auf andere umweltrelevante oder wirtschaftliche Belange berücksichtigt werden. Eine solche „Modulation“ kann vom Eigentümer und/oder Mieter des Gebäudes beantragt werden4.
Nach Maßgabe des Dekrets ist der Eigentümer bzw. Mieter5 des Gebäudes nunmehr verpflichtet, auf einer vom Staat eingerichteten und überwachten Internet-Plattform u.a. den jährlichen Energieverbrauch der Gebäude, Gebäudeteile oder Komplexe und sogar die Indikatoren der „Nutzungsintensität“ zu melden, die mit der im Gebäude ausgeübten Tätigkeit verbunden ist.
Die im Gebäude tätigen Mitarbeiter müssen über den Endenergieverbrauch und die Verbrauchsziele informiert werden.
Hält sich der Eigentümer/Mieter nicht an die Meldepflicht und/oder unternimmt er nichts, um die für den Endenergieverbrauch gesetzten Ziele zu erreichen, ist der örtlich zuständige „Präfekt“ („Préfet“) berechtigt, ihn zur unverzüglichen Vorlage eines Aktionsprogramms aufzufordern. Tut er dies nicht oder werden die im Aktionsprogramm vorgesehenen Handlungen nicht umgesetzt, kann der „Préfet“, eine Übersicht über die erfolglos gebliebenen-
Aufforderungen veröffentlichen („name and shame“-Mechanismus) und dem Eigentümer/Mieter eine wenn auch relativ geringe Geldstrafe (1.500 € bei natürlichen Personen, 7.500 € bei juristischen Personen), auferlegen.
II. Gewerblich genutzte Gebäude: neue Verpflichtung zur Einrichtung eines Systems zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien als Voraussetzung für die Erteilung einer Betriebsgenehmigung
Ein dem kürzlich verabschiedeten Energie- und Klimagesetz („Loi relative à l’Energie et au Climat“) entnommener neuer Artikel L. 111-18-1 wurde in die Städtebauordnung („Code de l’Urbanisme“) aufgenommen. Denmach, ist die Erteilung der „kommerziellen Betriebsgenehmigung“ („autorisation d’exploitation commerciale“) für neue gewerblich genutzte Gebäude mit einer Fläche von über 1.000 m2 6davon abhängig, dass entweder:
- ein „Verfahren zur Produktion“ erneuerbarer Energien eingeführt7 oder
- ein „Dachbegrünungssystem“, das einen hohen Wärmedämmungsgrad gewährleistet und die Biodiversität fördert, geschaffen oder
- ein anderes System, mit dem „das gleiche Ergebnis“ erzielt wird, eingerichtet wird.
Die gleiche Verpflichtung gilt für neue industriell oder handwerklich genutzte Gebäude, öffentlich nicht zugänglich Hallen, Logistikzentren oder öffentlich zugängliche Parkhäuser, unabhängig von der geschaffenen Fläche.
Festzuhalten ist, dass nach Maßgabe des Energie- und Klimagesetzes die für die Erteilung der „kommerziellen Betriebsgenehmigung“ zuständige Behörde berechtigt ist, den Antragsteller von der vorerwähnten Verpflichtung zu befreien, wenn
- die zur Pflichterfüllung erforderlichen Verfahren, Systeme oder Einrichtungen eine Risikoerhöhung zur Folge haben oder
- ihre Einrichtung technische Schwierigkeiten mit sich bringt, die nicht oder nur unter wirtschaftlich
- unzumutbaren Bedingungen bewältigt werden können, oder
- sich das neue Gebäude in einem Schutzgebiet (insbesondere in einem denkmalgeschützten Gebiet) befindet.
Für neue Gebäude, für welche die Vorschriften für „umweltschutzrechtlich erfasste Anlagen“ („installations classées pour la protection de l’environnement“) gelten, können Ausnahmegenehmigungen erteilt oder besondere Vereinbarungen getroffen werden. Diesbezüglich verweist das Gesetz auf ein Dekret, das in den kommenden Wochen von dem für diese Anlagen zuständigen Ministerium veröffentlicht wird.
Diese neue Verpflichtung gilt für alle Anträge auf Erteilung einer „kommerziellen Betriebsgenehmigung“, welche ab Inkrafttreten des im Journal Officiel vor kurzem veröffentlichten Gesetzes, gestellt werden.
Angesichts der erheblichen Änderungen, die mit diesen neuen Gesetzen eingeführt werden, ist es äußerst wichtig, dass sich Unternehmer, Asset Manager, Architekten und Planungsbüros mit den neuen Vorschriften schnellstmöglich vertraut machen, um sich auf ihre Anwendung vorzubereiten und etwaige Folgen vorauszusehen.
Wir stehen für Machbarkeitsstudien und für Fragen, die bei der Planung von Energieeffizienzmaßnahmen aufgrund der neuen Gesetze zu klären sind, gerne zu Ihrer Verfügung.
1 Der Entwurf des auf dem Tertiärdekret beruhenden Ministerialerlasses sieht vor, dass der Referenzenergieverbrauch „auf Grundlage von Rechnungen und Verbrauchsdaten für die verschiedenen Arten des Energieverbrauchs“ ermittelt wird.
2 Diese Ziele werden in Art 175 des “ELAN”-Gesetzes (Gesetz Nr. 2018-1021 vom 23. November 2018 „über die Entwicklung des Wohnungsbaus, der Entwicklung und der digitalen Technologie“, derzeit Artikel L. 111-10-3 des Bau- und Wohnungsgesetzbuches) festgelegt. Der Entwurf des „tertiären Ministerialerlasses“ sieht vor, dass die Ergebnisse auf der Ebene mehrerer Gebäude, die zum gleichen Vermögen gehören, „geteilt“ werden können.
3 Nach dem Entwurf des “tertiären Ministerialerlasses“ sind diese Indikatoren die „Referenzparameter, die die Situation einer Aktivität und ihre Auswirkungen auf den Energieverbrauch angemessen charakterisieren“.
4 Der “tertiäre Ministerialerlass“ legt den Inhalt der technischen Unterlagen fest, die vorzulegen sind, um eine Ausnahme in Anspruch zu nehmen.
5 Es stellt sich die Frage, ob alle Verpflichtungen aus dem „Tertiärdekret“ letztlich vom Vermieter oder vom Mieter getragen werden. Das „Tertiärdekret“ und der „tertiäre Ministerialerlass“ bieten keine Klarstellung zu diesem Punkt. Vermieter und Mieter müssen sich daher in dieser Angelegenheit im Mietvertrag einigen.
6 Artikel L. 111-18-1 der Städtebauordnung besagt, dass für Gebäude, die als ICPE („Anlagen, die zum Schutz der Umwelt klassifiziert sind“) eingestuft sind, von der Verpflichtung abgesehen werden kann. Ein Entwurf eines Durchführungserlasses schließt derzeit die Anwendung dieser Verpflichtung auf Gebäude, die gefährliche Stoffe oder Gemische enthalten, vollständig aus.
7 Obwohl dies nicht ausdrücklich festgehalten wird, ist photovoltaische oder sogar thermische Solarenergie der offensichtlichste „Prozess“. Spezifische Vorschriften für die Installation von Photovoltaikanlagen auf bestimmten Gebäuden, die als ICPE eingestuft sind, sind in Anhang I des Entwurfs eines Durchführungserlasses enthalten.
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